Ich danke der STZ für die Einladung
Der oscarprämierte Dokumentarfilm "20 feet from stardom" wirkt in mir noch nach.
Ich wurde von der Stuttgarter Zeitung eingeladen, ihn anzuschauen und anschließend an einer kleinen Podiumsdiskussion teilzunehmen. Das war gestern, am Ostermontag und ich danke der STZ dafür.
Eine denkwürdige Veranstaltung
Um es gleich deutlich zu sagen: Ich finde diesen Film grandios und er hat den Oscar verdient.
Auch wenn es Menschen gibt, die vielleicht anderer Meinung sind.
Und da sind wir auch gleich beim Fazit:
Die Botschaft (oder die Botschaften) dieses Films erreichtes meiner Sicht ausschließlich Menschen, die von Herzen und / oder von Profession her Musiker sind, und / oder Menschen, die mit großen Emotionen umgehen können.
Damit ist im Große und Ganzen schon alles gesagt und ich könnte den Blogartikel abschicken.
Das tue ich natürlich nicht, denn es gibt in der Tat noch einiges zu sagen – zum Film, zur gestrigen Veranstaltung mit Podiumsdiskussion und zu den Reaktionen auf diesen Film.
Das Wichtigste meiner Meinung nach ist: Dieser Film handelt nicht nur von Backgroundsängerinnen, er handelt auch nicht nur von Sängerinnen, er handelt keinesfalls vom Berühmt-werden und er ist auch keinesfalls negativ.
Dieser Film handelt von…
…der Tatsache, dass diejenigen, die Musik machen, dies aus anderen Motiven tun, als diejenigen, die mit eben dieser Musik dieser Musiker das Geld machen.
Wenn ich mich entschließe, Musik zu machen, Musiker zu werden, tue ich das, weil mir Musik sehr viel bedeutet, weil ich von der Natur ein Talent bekommen habe und es als sinnvoll oder sogar als Verpflichtung sehe, etwas daraus zu machen.
Was ist das: Etwas daraus zu machen?
Etwas daraus zu machen heißt nicht in erste Linie reich und berühmt zu werden, sondern etwas zu erschaffen, was andere berührt, inspiriert, erfreut, bewegt, und so weiter.
Der sogenannte Wunsch nach Berühmtheit ist nicht berühmt zu werden, des Berühmt-seins wegen, sonder ganz einfach, um möglichst viele Menschen damit zu erreichen. Und weil mit Berühmtheit oft Anerkennung gleichgesetzt – Anerkennung in ideeller oder spiritueller Weise und auch Anerkennung in materieller Weise.
Fragen Sie Musiker, ob sie berühmt werden wollen und warum sie dieses vielleicht wollen.
Dann werden sie von den einen hören: Ich möchte gerne berühmt sein und von meiner Arbeit als Musiker leben können. Von den anderen werden sie hören: Berühmt sein ist nicht so wichtig, aber ich möchte von meiner Arbeit leben können.
Und genau das können – vorsichtig geschätzt – 95 % der ausübenden Musiker nicht!!!
Ein riesengroßer Anteil hervorragender Sängerinnen und Sänger, Instrumentalistinnen und Instrumentalisten, die regelmäßig und verlässlich große Leistung bringen, können von ihrer Arbeit nicht leben. Bei ihnen bleibt viel zu wenig von dem Geld hängen, welches in der Musikindustrie umgesetzt wird.
Denn die Motive, Musik zu verdealen, mit Musik zu handeln, sind ganz andere, als ideelle:
Es zählt wie in jedem anderen Wirtschaftszweig auch – nur die finanzielle Rentabilität.
Und das bedeutet: Ein Act (also ein Künstler) muss kalkulierbar sein, der Erfolg muss vorhersehbar sein. Eine breite und zahlungskräftige Klientel muss angesprochen werden und nicht ein paar Trendsetter, die mistend sowieso kein Geld haben. Man kann und man darf in der Musik also kein Risiko eingehen.
Und nun frage ich: was ist Kunst ohne Risiko?
Es ist keine Kunst! So einfach ist das!
Es ist keine Kunst, es ist Handwerk. Reproduzierbar, vorhersehbar, zeitlich und finanziell kalkulierbar.
Aber so wird Kunst nicht gemacht.
Künstler wissen das.
Und sie wissen leider auch, dass, wenn sie sich dafür entscheiden, Musiker oder Künstler zu werden, sie sehr wahrscheinlich davon nicht werden leben können.
Die ganzen Debatten über einen Mindestlohn sind in der Kunst noch lange nicht angekommen. Eine Sängerin, die putzen geht, wird damit vielleicht mehr und verlässlicher Geld verdienen, als mit dem Singen.
Einfach gut zu sein, einfach mit ganze, Herzen dabei zu sein, das zu machen, worin man richtig gut ist…
das ist es, was Künstler tun wollen.
Die Altersvorsorge und das Vermögen bauen andere auf, aber eben leider nicht für den Künstler.
Eingangs habe ich geschrieben: Der Film ist keinesfalls negativ.
Nein, er ist sehr inspirierend, geht sehr respektvoll mit den darin mitwirkenden Musikerinnen und Musikern um. Und der Film klagt nicht an, er bietet nicht mal ein Fazit an. Diese Freiheit, sich den eigenen Reim drauf zu machen, wird dem Zuschauer selbst überlassen.
Das einzig negative an dem Film ist vielleicht:
Eben nicht jeder kriegt die Botschaft…
Das hat die gestrige Veranstaltung gezeigt.
Ein Musiker, der handwerklich gute Arbeit macht, aber vom Herzen her kein Künstler ist, kriegt die Botschaft nicht und wird diesen Film stattdessen abwerten oder klein reden.
Ein Mensch, der große Emotionen nicht zulassen kann, wird sich mit diesem Film schwertun und sich stattdessen in leichtere (will meinen belanglosere) Unterhaltung flüchten.
Es würde mich freuen, wenn ich mit dieser Meinung falsch liege.
Es würde mich freuen, wenn doch ein paar mehr Menschen die Botschaft bekommen, und bereit sind, sich einer Emotionalität zu öffnen (auch der eigenen) und sich tiefergehende Gedanken zu machen, als es bei den gestrigen Gegebenheiten der Podiumsdiskussion (u.A. zu wenig Zeit) möglich war.
Ich bitte Euch: Schaut Euch diesen Film an!
>> http://www.arthaus-kino.de
Und ich bitte Euch: empfehlt ihn sehr schnellweiter, damit er auch nächste Woche noch läuft!
Und schreibt mir, wie Ihr darüber denkt!
Dieser Blogartikel ist für Eure wertvollen Kommentare freigegeben!
Mit Freude und Respekt, Eure Mona Suzann Pfeil
PS: Das Bild habe ich gestern Abend spontan gemalt und einfach mit dem iPhone fotografiert.