Freitag, 30. März 2012

Blutsschwester auf ewig – unser Karl May und mein Winnetou

Um der Redaktion der Stuttgarter Zeitung zu widersprechen: Karl May ist eben doch nicht Männersache.
Wäre ich STZ-Redakteurin, hätte ich den Frauenanteil an diesem Beitrag deutlich erhöht :-)

Vor hundert Jahren starb Karl May, lange bevor es mich gab.
Aber was er hinterlassen hat, hat mein Leben mehr beeinflusst, als so mancher Lehrer oder so manche Lehrerin in unserer Dorfgrundschule.
Die Bücher habe ich nie gelesen, aber sämtliche Langspielplatten von Schatz im Silbersee bis Unter Geiern lagen ununterbrochen auf dem Teller meines roten Kofferplattenspielers, und ich ließ keinen Karl-May-Film im Fernsehen aus.

Winnetou (grandios gespielt von Pierre Brice) wurde für mich das obligatorische Vorbild.
Er war weitsichtig, weise, edel und gerecht, konnte Unheil riechen und spüren lange bevor andere irgendwas merkten. Er war rücksichtsvoll, hat sich nie in den Vordergrund gespielt und hatte doch eine so unglaubliche Präsenz, die mich schon als Dreikäsehoch faszinierte und zum Nachdenken brachte. Und – was auch immer er einstecken musste – er hat nie, wirklich niemals seinen Stolz verloren.

Das alles hat mir imponiert, war er doch so anders, als die Menschen um mich herum, die es schafften mit einem Minimum an Tiefgang ein Maximum an Aufhebens um alles zu machen.
Mit Beginn der Schulzeit war meine unbeschwerte Zeit vorbei, mir war schnell klar, dass ich anders ticke als der Rest meiner Mitschüler – oder die anders als ich, das war der Anfang von einer ewig währenden Frage :-)
So wurde aus dem "Spring-ins-Feld" (O-Ton meiner Oma) ein immer noch neugieriges, aber nachdenkliches und beobachtendes Kind, und ich fühlte eine merkwürdige Verbundenheit zu Winnetou, dem Stammesoberhaupt der Appachen. Im Grunde genommen hat sich daran nicht viel geändert, auch heute noch vertrete ich diese Werte und richte mein Leben nach ihnen aus.
Danke Winnetou – danke Karl May!

Aus meiner heutigen Sicht stellte diese Roman- und Filmfigur Winnetou einen Hochsensiblen und Hochbegabten dar.
Winnetous sind sehr selten, auch heute noch: nur ca. jeder 30. ist ein Winnetou. Und die meisten geben sich nicht zu erkennen, aus Angst als Gutmenschen oder Weicheier ausgelacht zu werden.

Ich oute mich: ich bin eine Winnetou, im Wirtschaftsjargon ein Soft-Coach oder Birkenstockberater, als Mensch ein weltfremder Fantast, Künschtler eben.

Und Sie? Kennen Sie auch eine(n) Winnetou? Oder sind Sie vielleicht selbst eine(r) ?

"Howgh!"

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